Gedanklicher Auszug

Veröffentlicht: 3. Dezember 2012 von Lakritzschnecke in Das Leben

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(Juli 2011. München.)

Dreißig tote Füße trampeln über das, was mal mein Boden werden soll, vielleicht, denke ich, bevor ich tief Luft hole und laut schreien möchte. Wo ein Wille, da ein Weg, doch ihr werft feste Einkommen und Zuverlässigkeit in die Waagschale, wo ich nicht mal mit einem Lächeln und mir selbst punkten kann. Der Haifisch in euren Gesichtern, in denen auch zu lesen steht, dass ihr euch konkurrenzlos wähnt.

Schienen und zweieinhalb Stunden. Gleise, Leben, endlich ankommen wollen und die Hürden, die sich jetzt noch auftun, überspringen mit lahmendem Fuß, ich gehe nicht mehr. Wohnungsknappheit. Umzugsstress. Finanzielles. Ich sehe nun mehr.

Nimm mir meinen Namen und schließe mich ein, ich will doch nur wohnen. Will wohnen, wie ein Mensch in der Stadt, ich will doch nicht viel. Will ich zu viel? Malte ich mir den Wunschtraum zu bunt aus, hätte ein schwarz-weißer Lebensentwurf vielleicht besser getan? Ratlos. Das fragende Gesicht, die stumpfen Zähne. Die Fensterscheiben weinen wieder und fahren zurück.

Die Suche hat erst begonnen.

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(Später)

Wozu wohnen, wenn man auch leben kann? Die Erkenntnis trifft mich unvorbereitet, doch ich gewähre ihr Raum. Seitdem lebe ich auf den Straßen.

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Kommentare
  1. A (di bosco) sagt:

    Im Kopf ist es zuweilen wenig wohnlich. Ein Auszug der Gedanken tut da wahrlich gut!

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